Redebeitrag zur Demonstration: Solidarischer Shutdown statt Ausgangssperren

Am 26.04 wurde zu einer abendlichen Demonstration in Marburg aufgerufen, an der wir uns beteiligten. Circa 200 Personen folgten dem Aufruf und verleiteten ihrer Wut auf die Ausgangssperren und der kapitalistischen Krisenbewältigung eine Stimme.

Bundesweit schlossen sich viele Gruppen aus mehreren Städten dem Aufruf der Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“ unter dem Titel „Solidarischer Shutdown statt Ausgangssperren! Das Virus geht nicht nachts spazieren, sondern tagsüber arbeiten“ an.

Nachfolgend unser Redebeitrag auf der Demonstration.

Liebe Genoss:innen, Liebe Freund:innen

Im letzten Jahr der Pandemiebekämpfung wurden viele Maßnahmen ergriffen, die auch wir als Kommunist:innen mitgetragen haben, da sie dem Gesundheitsschutz und damit schlussendlich dem Schutz von Leben gedient haben. Mittlerweile befinden wir uns seit fast einem halben Jahr in einem halbherzigen Lockdown und es tritt immer deutlicher Zutage, dass der Schutz von Menschenleben niemals im Mittelpunkt der Pandemiebekämpfung stand.

Schon seit geraumer Zeit drängt sich die Frage auf: Warum muss eigentlich gearbeitet werden, während die Einschränkungen vor allem das Private betreffen? Diese wird nun durch die Ausgangssperre weiter konkretisiert: Sollte in einer liberalen und demokratisch eingerichteten Gesellschaft eine derart enorme Einschränkung bürgerlicher Freiheiten wie die Ausgangssperren nicht das letzte Mittel zur Pandemiebekämpfung sein?

Was wir stattdessen erleben, ist, das bürgerliche Freiheitsrechte und unser Privatleben massiv eingeschränkt werden, damit die Arbeit eben aufrecht erhalten werden kann. In der Konsequenz dieser Logik muss bei den derzeitigen Inzidenzzahlen zu Maßnahmen wie der Ausgangssperre gegriffen werden. Denn die Funktion des Staates ist es in erster Linie zu gewährleisten, dass sich Kapital vermehren kann und Waren können sich schließlich schlecht selbst zum Markt tragen.

Doch die Alternative, undzwar ein harter Lockdown, der auch die Wirtschaft mit einschließt, würde leider nicht nur das Kapital treffen: Mit einem solchen Lockdown nimmt man in unserer kapitalistischen Gesellschaftsformation einer Vielzahl an menschen, die nur ihre Arbeitskraft verkaufen können, die Möglichkeit zur Selbsterhaltung. Die Folge wäre eine noch stärkere Verschärfung kapitalistischer Verhältnisse, was im Klartext Massenarmut und Massenobdachlosigkeit bedeutet.

Also ist der echte Skandal nicht die Ausgangssperre, sondern dass in unserer von Grund auf falsch eingerichteten, kapitalistischen Gesellschaft die Pandemiebekämpfung notwendigerweise zum Dilemma führen muss, dass wir uns entweder bis zum Maximum und trotz aller Risiken für Arbeit, Kapital und Staat Selbstaufopfern und Selbstverwerten müssen oder dass der Großteil dieser Gesellschaft seine Existenz nicht mehr sichern kann. Demzufolge ist eine echte Pandemiebekämpfung unter den gegenwärtigen kapitalistischen Verhältnissen unmöglich, weshalb auch die alleinige Forderung nach „ZeroCovid“ oder nach Umverteilung nicht die Lösung sein wird, so verständlich diese Forderungen auch sind.

Die einzige umfassende Lösung, die das kommende, noch größere Elend nicht lediglich hinauszögert, ist der Kommunismus, verstanden als Bewegung, die „alle Verhältnisse umwirft, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“.

Presseartikel zur Demonstration: Solidarischer Shutdown statt Placebo-Bremse