Euer Weihnachtsbaum ist unser Albtraum

Die Weihnachtsbäume sind aufgestellt, Jingles laufen im Radio, die Kirchen sind wieder gefüllt, die Geschäfte brummen – Für die einen mag es die schönste Zeit sein, für andere ist es die Hölle auf Erden.

Vor kurzem verkündete der CDU Fraktionschef Friedrich Merz, dass der Weihnachtsbaum zur deutschen Leitkultur gehören würde. Im neuen CDU Grundsatzprogramm fordert die CDU einen “Mut zur Leitkultur”. Mit anderen Worten, nur wenn sich Menschen zu dieser ominösen Leitkultur bekennen würden, dürften sie die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen. Also ohne Weihnachtsbaum keine deutsche Staatsbürgerschaft oder was will uns Stahlhelmfraktion Merz damit sagen? Die Aussage mag für einige lächerlich klingeln, aber verwunderlich ist diese nicht.

Denn die gesellschaftliche Vorstellung von Weihnachten als einem schönen Beisammensein der Herkunftsfamilie richtet sich nach einem Ideal. Dem Ideal einer weiß-heteronormativen und gut situierten Familie. Eine Norm, dem nicht alle entsprechen: Für Menschen, die in Armut aufgewachsen sind und deswegen nie Geschenke bekamen. Für Menschen, die keine Familie haben und deswegen die Zeit in Einsamkeit verbringen. Für migrantisierte Menschen, die nichts mit der Kultur von Weihnachten anfangen können.

Der Gedanke, zur Herkunftsfamilie zu fahren, ist für nicht wenige Linke und Queers ein Graus. Nicht wenige von uns haben Brüche in unserer Familiengeschichte und tragen die Wunden & Narben weiter mit sich. Sei es aufgrund von Queerfeindlichkeit, Rassismus, Sexismus, Ableismus oder aus der Erfahrung von häuslicher Gewalt, die an Weihnachten immer auch ansteigt.

Nein, Weihnachten war für uns noch nie ein gemütliches Beisammensein, sondern bedeutete für uns nur Stress, Trauer, Wut und Streit.

Dann verbringen wir lieber unsere Zeit mit unseren Lieben, die uns akzeptieren, wie wir sind und uns gut tun. Mit unseren Genoss:innen, unseren Freund:innen, unseren WGs, Patchwork-Familien, unseren Beziehungspersonen – Mit all den Menschen, die unseren Alltag bereichern, statt in unseren Herkunftsfamilien toxischen Mustern, Rollenerwartungen und Zwangsgemeinschaften ausgeliefert zu sein. Denn euer Weihnachtsbaum ist unser Albtraum und eure Leitkultur ist nichts anderes als purer Rassismus.

Wenn es euch auch so geht, dann können wir euch nur dazu ermutigen, diesen Schritt zu gehen, statt Jahr für Jahr mit Bauchschmerzen zu euren Herkunftsfamilien zu fahren. Redet mit euren Liebsten darüber. Für diejenigen unter uns, die während der dunklen Winterzeit mit Depressionen strugglen: Auch hier, wenn die Möglichkeit besteht, redet mit euren Vertrauenspersonen über eure Ängste & Bedürfnisse. Es wird immer Menschen geben, die euch supporten.

Passt auf euch auf, kommt gut durch die Zeit, ihr seid nicht alleine.