Redebeitrag und Grußwort am 02.09.23 “Chemnitz 2018 – Kein Vergeben, Kein Vergessen”

Am 02.09.23, fünf Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz, organisierten unsere Freund:innen vom Bündnis Chemnitz Nazifrei eine Demonstration gegen das Vergessen. Zeitgleich fand das Solikonzert für die Betroffenen rechter Gewalt Chemnitz-Marburg im Trauma Marburg statt. Nachfolgend findet ihr sowohl den Redebeitrag von uns, als auch das Grußwort aus Chemnitz,

Redebeitrag der Gruppe CAT auf der Demonstration “Rassistische Ausschreitungen 2018: Kein Vergeben, Kein Vergessen” in Chemnitz

5 Jahre sind vergangen, in denen die Bilder und Videos von Faschist:innen, die offen auf den Straßen Chemnitz Jagd auf People of Color machten, durch die ganze Welt gingen. 5 Jahre ist es her, als Marburger:innen auf dem Rückweg zum Bus von einer 15 bis 20köpfigen Gruppe von Faschist:innen mit Waffen bedroht und angegriffen wurden. 5 Jahre, in denen die Betroffenen rechter Gewalt auf juristische Gerechtigkeit warten.

Wir, die Gruppe CAT, sind Teil einer Unterstützungsgruppe für die Betroffenen aus Marburg, die 2018 diese Gewalt erlebten und nun am Ende diesen Jahres als Betroffene vor dem Gericht aussagen müssen. Geplant ist eine Solidaritätskampagne, um die Betroffenen von 2018 nicht alleine zu lassen und dem Motto der Demo „Kein Vergeben, Kein Vergessen“ Gewicht zu geben. Diejenigen, die 2018 vor Ort waren und die Gewalt und Angst erlebt haben, werden nämlich diese Bilder nie vergessen. Unsere Aufgabe ist es, dass diese Gesellschaft, die so oft bei rechter Gewalt wegschaut, daran zu erinnern. Denn rechte Gewalt ist in Deutschland, aber insbesondere in Sachsen, Alltag. Rechte Gewalt kam nach 2018 in Chemnitz nicht zum Stillstand, sondern bleibt Kontinuität. Die Wahlprognosen, nicht nur, aber insbesondere in Sachsen betrachten wir mit Besorgnis.

In Zeiten von Faschisierung, Krise und Hoffnungslosigkeit ist es schwer an eine bessere Zukunft zu glauben. Solidarität, die nicht nur davon spricht, sondern in die Praxis umgesetzt wird, mag vielleicht nicht die Lösung des Ganzen sein, aber bleibt in diesen Zeiten die stärkste Waffe, die wir haben. Also lasst uns nicht nur von Solidarität sprechen, sondern in die Tat umsetzen. Wir sind dankbar für die Menschen vom Bündnis Chemnitz Nazifrei, die trotz aller Widrigkeiten kämpfen, denn wir wissen, dass Antifaschismus in Ostdeutschland eine andere Bedeutung hat als in vielen Teilen Westdeutschlands. Doch egal wo: Antifaschismus bleibt notwendig und in vielen Orten sind es beherzte Antifaschist:innen, die den Nazis das Leben schwer machen. Gleichzeitig wird Antifaschismus kriminalisiert und von der bürgerlichen Gesellschaft geächtet. Denn wie Esther Bejarano schon sagte „Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen“.

Umso wichtiger ist es deswegen, dass wir uns untereinander haben.

In Freundschaft und Solidarität,

eure Freund:innen aus Marburg

Grußwort des Bündnis Chemnitz-Nazifrei für das Solikonzert für die Betroffenen rechter Gewalt Chemnitz-Marburg

Hallo an alle,

wir schicken euch liebe Grüße aus Chemnitz! Anlässlich des 5 Jahrestages der rassistischen Mobilisierung in unserer Stadt 2018 sind wir heute unter dem Motto “Kein Vergeben, kein Vergessen” auf die Straße gegangen. Gemeinsam wollten wir an das Geschehene erinnern und Forderungen stellen, damit so etwas wie 2018 nicht nochmal passieren kann.

Wir freuen uns, dass auch ihr in Marburg den 5. Jahrestag thematisiert.

Wir schicken ganz viel Liebe an die Menschen, die 2018 bei uns waren und uns bei Protesten, bei Orga-Aufgaben oder an anderen Stellen unterstützt haben.

Wir sind super dankbar, dass wir in diesen Momenten nicht alleine gelassen wurden.

Und wir wissen auch, dass das Motto unserer Demo für einige hier in Marburg, selbst die, die an einem dieser Tage 2018 vielleicht das erste und letzte Mal in Chemnitz waren, ähnlich viel bedeutet wie für Leute hier vor Ort. Einerseits, weil euch das in Chemnitz erlebte vielleicht nicht mehr los gelassen hat. Andererseits, weil die Erinnerungen daran, fünf Jahre später, in Form eines lange verschleppten Gerichtsverfahrens gegen einige der Rechten, die 2018 eine Reisegruppe, die gerade wieder nach Marburg abreisen wollte, angriffen, wieder in das Leben der Betroffenen zurückkehren.

Die Ereignisse von 2018 waren kein isoliertes Phänomen und die rechten Strukturen, die damals zum Erfolg der rechten Mobilisierungen geführt haben, sind heute immer noch da.

Daher sind wir unglaublich dankbar, dass der solidarischer Kontakt von damals nicht abgerissen ist und wir auch das jetzt anstehende Verfahren gemeinsam, Seite an Seite, durchstehen können, wenn der Prozess beginnt.

Zwar können wir heute nicht bei euch in Marburg und ihr nicht bei uns in Chemnitz sein, wir bedanken uns aber auf diesem Wege auch nochmal für euren Redebeitrag und die Grußworte. Ihr könnt euch sicher sein, dass einige in Chemnitz euch um euer Konzert heute Abend beneiden und gerne da wären.

In diesem Sinne senden wir liebe und solidarische Grüße aus Chemnitz nach Marburg, hoffen, dass ihr gemeinsam einen schönen Abend habt und sehen uns hoffentlich bald wieder – ob in Marburg oder bei uns.